ARFID ist eine ernstzunehmende Essstörung, die sich deutlich von anderen Diagnosen wie Magersucht unterscheidet. Auch wenn viele Betroffene normalgewichtig oder übergewichtig sind, kann die eingeschränkte Ernährung zu schweren Mängeln und sozialen Problemen führen. Eine frühe Diagnose und ein individuell abgestimmter Behandlungsplan können helfen, den Weg zurück zu einer gesunden und abwechslungsreichen Ernährung zu finden.
Was ist ARFID
Die Vermeidend-restriktive Ernährungsstörung – kurz ARFID (englisch: Avoidant/Restrictive Food Intake Disorder) – ist eine bislang wenig bekannte, aber ernstzunehmende Essstörung. Betroffene vermeiden bestimmte Lebensmittel oder das Essen allgemein in einem Ausmaß, das ihre körperliche Gesundheit oder ihre sozialen Kontakte spürbar beeinträchtigt. Im Gegensatz zu anderen Essstörungen wie der Magersucht geht es bei ARFID nicht um das Körperbild oder die Angst vor Gewichtszunahme.
Woran erkennt man ARFID?
Menschen mit ARFID essen meist sehr eingeschränkt. Manche vermeiden feste Konsistenzen oder bestimmte Farben, andere fürchten sich vor dem Verschlucken oder Erbrechen. Wieder andere verspüren kaum Hunger oder haben schlicht kein Interesse an Essen. Die Folge: Es kommt zu einer Unterversorgung mit Energie, Nährstoffen oder beidem – mit potenziell schweren gesundheitlichen Konsequenzen. Häufige Symptome sind:
- Untergewicht oder ausbleibende Gewichtszunahme bei Kindern
- Mangelerscheinungen wie Eisenmangel oder Vitaminmangel
- Erhöhte Infektanfälligkeit
- Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten
- Abhängigkeit von Nahrungsergänzungsmitteln oder Sondennahrung
ARFID kann auch übergewichtig machen
Obwohl ARFID oft mit Untergewicht in Verbindung gebracht wird, ist auch Übergewicht möglich. Das passiert dann, wenn Betroffene z. B. nur hochkalorische Snacks oder bestimmte stark verarbeitete Lebensmittel essen. Trotz ausreichender Kalorien fehlt dem Körper dann oft das, was er eigentlich braucht: Vitamine, Ballaststoffe, Eiweiß oder gesunde Fette.
Gesundheitliche und soziale Folgen
Neben körperlichen Beschwerden kann ARFID auch das seelische Wohl belasten. Viele Betroffene meiden soziale Anlässe, bei denen gegessen wird – etwa Geburtstagsfeiern, Familienessen oder Restaurantbesuche. Dadurch entstehen nicht selten Einsamkeit, depressive Verstimmungen oder Konflikte im familiären Umfeld.
Wie wird ARFID diagnostiziert?
ARFID wurde erst 2013 offiziell als eigene Störung anerkannt. In der internationalen Klassifikation (ICD-11) und im DSM-5-TR (Diagnosemanual der US-amerikanischen Psychiatrie) gibt es klare Kriterien. Entscheidend für die Diagnose sind:
- Eine deutlich eingeschränkte Nahrungsaufnahme
- Gesundheitliche Folgen (z. B. Mangelerscheinungen, Untergewicht)
- Psychosoziale Auswirkungen (z. B. sozialer Rückzug)
- Keine Motivation durch den Wunsch abzunehmen oder den Körper zu verändern
Nicht jeder wählerische Esser hat gleich ARFID. Die Diagnose wird nur gestellt, wenn die Einschränkungen wirklich gravierend sind und nicht durch andere Ursachen – wie Allergien, Krankheiten, Medikamente oder kulturelle Gewohnheiten – erklärt werden können.
Wer ist besonders betroffen?
ARFID tritt häufiger bei Kindern und Jugendlichen auf als bei Erwachsenen. Besonders verbreitet ist die Störung im Zusammenhang mit Autismus-Spektrum-Störungen. Auch hochsensible oder ängstliche Kinder scheinen gefährdeter zu sein. Genaue Zahlen zur Häufigkeit gibt es bisher nicht, da die Diagnose noch relativ neu ist.
Abgrenzung zu anderen Störungen
Wichtig ist die Unterscheidung zu anderen Essstörungen – vor allem zur Magersucht (Anorexia nervosa). Während Menschen mit Magersucht aktiv versuchen, Gewicht zu verlieren und oft ein verzerrtes Körperbild haben, fehlt diese Motivation bei ARFID völlig. Das Verhalten hat andere Gründe – etwa sensorische Abneigungen oder Angst vor negativen Folgen des Essens.
Auch körperliche Erkrankungen wie Magen-Darm-Beschwerden können ähnliche Symptome verursachen. Deshalb muss bei der Diagnosestellung genau geprüft werden, ob die Essprobleme Ursache oder Folge sind.
Was hilft bei ARFID?
Eine erfolgreiche Behandlung setzt zunächst eine fundierte Diagnose voraus. Danach kann eine gezielte Ernährungstherapie helfen, Nährstoffdefizite auszugleichen und schrittweise mehr Lebensmittel zuzulassen. Häufig wird die Therapie durch Psychotherapie ergänzt – insbesondere, wenn Ängste oder traumatische Erfahrungen hinter dem Vermeidungsverhalten stehen. Bei Kindern ist zudem eine enge Einbindung der Eltern wichtig.
Manche Betroffene profitieren von sogenannten Expositionstrainings, bei denen das schrittweise Probieren neuer Lebensmittel eingeübt wird. Ziel ist es, langfristig eine ausgewogenere Ernährung zu erreichen – ohne Überforderung.